Espresso trinken hat in Italien eine lange Tradition. Sei es Cappuccino oder Espresso, wir Deutschen haben fast alle unsere geliebten Kaffeegetränke aus Italien übernommen. Neben Cappuccino ist der Latte Macchiato das meistbestellte koffeinhaltige Heißgetränk in den Gaststätten, Bistros und Bars hierzulande.
Da wir Deutschen so viel aus dem „Mutterland“ des Espressos übernommen haben, lohnt es sich, einen kleinen Exkurs zur italienischen Kaffeetraditon einzuflechten.
Während wir Deutschen am liebsten morgens und nachmittags einen Kaffee zu uns nehmen und dabei keinerlei Unterschied zwischen „mit Milch“ und „mit ohne Milch“ machen, sieht das der Italiener ganz anders. Wer nachmittags in Italien einen Cappuccino bestellt, hat sich sofort als Tourist geoutet. Denn den Cappuccino genießen die Italiener ausschließlich zum Frühstück. Ab der Mittagszeit trinken sie nur noch Espresso.
Warum ist das wohl so? Es liegt ganz simpel an der Zusammensetzung. Der Cappuccino besteht zu großen Teilen aus aufgeschäumter Milch, die wie halbgeschlagene Sahne in die Tasse tropft. Dieser feinporige Milchschaum wird mit einem ordentlich starken Espresso gekrönt. Er fließt direkt nach unten in die Tasse und der Milchschaum „erhebt“ sich. Fertig ist der leckere Cappuccino. Italiener mögen ihn am liebsten mit einem leichten Hörnchen, kalter Pizza oder kalter Foccacia (gebackener Hefeteig mit Olivenöl und Kräutern) als kleines und schnelles Frühstück. Dabei füllt die Milch im Cappuccino den Magen schon so sehr, dass er selbst als Frühstück pur durchgehen würde. Cappuccino nach einen reichhaltigen Mittagessen füllt den Magen nur noch mehr, der Espresso hingegen soll die Verdauung ankurbeln und so das berüchtigte Nachmittagstief überwinden.
Der Espresso ist eher für die Pause gedacht und wird nach nahezu jeder Mahlzeit runtergekippt. Der klassische Italiener trinkt ihn dauernd und überall und nimmt sich keinerlei Zeit, einfach Zucker rein und runter und weiter im Tagesgeschäft. Die durchschnittliche Dauer einer Espressopause beträgt nie mehr als 30 Sekunden. Während Kaffeetrinken in Deutschland immer mit Kuchen und einem Pläuschchen verbunden ist, nutzen die Italiener den Espresso als Muntermacher. Serviert wird der Espresso meist mit einem Gläschen Wasser, zum nachspülen sozusagen.
Espresso für Deutsche auf Italienreise
Hier ist Vorsicht geboten! Wenn Sie in Italien einen Cappuccino nach dem Mittagessen bestellen, werden Sie mit Sicherheit komisch angeschaut, erhalten aber trotzdem das Gewünschte, vielleicht mit einem Vortrag über die gesundheitsschädigende Wirkung nach dem Mittagessen, denn in manchen Gegenden Italiens gilt ein Cappuccino nach Mittag als ungesund.
Wollen Sie sich landeskonform verhalten, bestellen Sie einfach „Caffee!“ und Sie erhalten einen Espresso.
Nicht ganz so beliebt ist der Latte Macchiato in Italien und wird auch dementsprechend lieblos hergestellt: Man nehme einfach einen Espresso und gieße ihn in ein Glas und fülle das Glas mit heißer Milch auf. Damit wird der Espresso zum Kinderkaffee deklariert, zwar ist er so leichter bekömmlich und weniger stark. Aber damit ist der Latte Macchiato nichts für echte Italiener.
Die typische dreischichtige Darstellung des Latte Macchiato ist eher charakteristisch für uns Deutsche, südlich der Alpen ähnelt der Latte Macchiato eher einem Milchkaffee und wird mit Strohalm serviert, oder noch schlimmer: mit Eislöffel.
Wer sich also in Italien nicht blamieren möchte, bestellt „Caffee!“, weiß, dass er damit nur einen Espresso bekommt und genießt diesen mit viel Zucker und natürlich OHNE umzurühren! Der Zucker darf in der Tasse verbleiben.